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Verwaltungsgemeinschaft Hügelland-Täler

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Heimatgeschichte - Die Timmlersche Stiftung in Großbockedra

Das  zehnte Theaterstück des Bockerschen Heimatvereins, welches am 6. und 7. September 2013 aufgeführt wurde, war das Historienspiel „Ein Bockedraer Bauer im Vorhof zur Hölle".

Die Handlung des Stückes bezog sich auf eine wahre Begebenheit, die sich in Großbockedra zugetragen hat. Die historischen Fakten hat Edgar Seim schon vor einiger Zeit in mühevoller und akribischer Recherchearbeit in zahlreichen Archiven für das Heimatbuch zur Großbockedraer Geschichte zusammengetragen und aufbereitet. In seinem Buch "Die Geschichte des Dorfes Großbockedra" kann man dazu lesen:

".....Damals erhält die Schule die "Timmlersche Stiftung", die das Schulleben (in Großbockedra) Jahrzehnte mitprägen wird. Der Bauer und Rentier Johann Christoph Timmler bestimmt in seinem Testament von 1883, dass die Schulgemeinde ein Legat von 1 500 Mark in Form der "Christoph Timmlerschen Stiftung" erhält. Von den Zinsen des Stiftungskapitals sind jährlich für 20 Mark Schulbücher und sonstige Unterrichtsgegenstände für ärmere Schulkinder anzukaufen und diesen Kindern jeweils am 7. März jeden Jahres zu übergeben.
Sind in Großbockedra keine oder nicht genügend bedürftige Schulkinder vorhanden, werden die nicht ausgeschöpften Mittel auch an Kleinbockedraer und Rausdorfer vergeben.

Von den über diese 20 Mark hinaus anfallenden Zinsen ist jährlich am 7. März den Schulkindern des Schulverbandes ein Kinderfest auszurichten.

Diesen Stiftungsbestimmungen wird bis zur Inflation in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entsprochen. Obwohl es seit 1891 immer wieder einmal Einsprüche der Schulinspektion gegen "Vorkommnisse" bei den Kinderfesten gibt (Kindertanz, Trennung von Jungen und Mädchen, Nichteinhaltung des 7. März etc.) wird dieses Kinderfest über Jahrzehnte für mehrere Generationen von Schülern der Bockerschen Dorfschule zu einem ersehnten Höhepunkt des Schuljahres, für die Dorfschule zu einer Tradition, einer Besonderheit.

Im 1. Weltkrieg wird das Kinderfest von 1915 bis 1919 ausgesetzt. Von einem Teil der anfallenden Zinsen der Stiftung kauft man Feldpostkarten, die die Schulkinder an die Großbockedraer Soldaten, an die Fronten schicken. 1920 dann das 1915 in Aussicht gestellte Große Kinderfest nach dem Kriege. Ob es wohl die Kinder entschädigen konnte?

Leider hat der Schulvorstand in den Wirren der Inflation und der Einführung der Reichsmark als neue deutsche Währung versäumt, das Stiftungskapital durch die Thüringer Staatsbank aufwerten zu lassen. somit hörte sie auf zu existieren, brach eine lange Tradition.

Der Versuch des Gemeinderates im Jahre 1953 bei der Rechtsstelle des Rates des Kreises Stadtroda die Timmlersche Stiftung wieder anzumelden scheitert, weil diese "nach der Inflation nicht aufgewertet worden ist"

Aber die lange Tradition, die Erwartungen der Schulkinder und der Menschen des Dorfes an ihr Kinderfest bleiben lebendig. 1927 sammelt man bei den Einwohnern Geld für ein Kinderfest. Und das mit Erfolg! Am 10. Juli 1927 wird es von 14.00 bis 16.00 Uhr auf dem Saal der Opelschen Gastwirtschaft veranstaltet: Schauturnen, Klavierspiel, Reigen, Singspiele, Chor. Dann nach 18.00 Uhr weiter auf dem Dorfberg: Vogelschießen, Wettspiele. Wie üblich für die Schulkinder Rostbratwürste und Tafelwasser. Ein großes Erlebnis für Jung und Alt! War es das Letzte seiner Art?

Nun interessiert, warum Johann Christoph Timmler dies Stiftung begründet hat: weil ein Kind sein Leben bei einem Mordanschlag rettete. Die diesbezügliche Überlieferung gehört inzwischen zur Bockerschen Sage."

Einen historischen Beleg für das Geschehen fand Edgar Seim in der "Chronik für die vier Ortschaften Großbockedra, Kleinbockedra, Rausdorf und Schiebelau, angefangen im Jahre 1838 von Johann Ludwig Meyer z.Z. Pfarrer":

"1868

Am 23. September hat hier der Rentier und frühere Holzhändler und Gutsbesitzer Johann Christoph Timmler (7.März) der hiesigen Schule ein Legat von 1.500 MK mit der Bestimmung testamentarisch vermacht, dass es den .... und Schulkindern alljährlich am 7. März, dem Tag an welchen der Testator aus großer Lebensgefahrentging als er in Lobeda von einem Schuldner in dessen Behausung mörderisch angefallen und geschlagen wurde was ein Kind sehen sollte, die arm sind und nicht mit den nötigen Schulbüchern versehen sind bedacht werden.

Diese Bestimmung betrifft zunächst zu auf die Schulkinder aus Großbockedra - für die Bedürftigen zur Unterstützung auch den Kindern der zur Parochie gehörenden Kindern zu gute...."

Quelle: Edgar Seim, "Die Geschichte des Dorfes Großbockedra - Großbockdra im Zeitenwandel - Geschichte und Geschichten" erschienen im Rockstuhl Verlag
ISBN- 3-932554-22-1

Timmlersches Gehöft um 1900aDas Timmlersche Gut um 1900, heute befindet sich auf dem Grundstück das Wohnhaus der Agrargenossenschaft e.G. Geisehain