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Verwaltungsgemeinschaft Hügelland-Täler

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Die Sprungschanze in Lippersdorf

Schanze LippersdorfEs ist kaum zu glauben, aber es ist wahr! Unser Dorf mit knapp 400 Einwohnern kontte am 23. März 1958 stolz die Einweihung iher neuerbauten Sprungschanze feiern. Sie war vorwiegend im Nationalen Aufbauwerk, in vielen freiwilligen Einsätzen der Lippersdorfer, im Besonderen der Jugendlichen, entstanden.
Es war die erste Sprungschanze im damaligen sportbegeisterten Landkreis Stadtroda, und das große Verdienst des Sportfreundes Rudi Hilbert aus Lippersdorf. Hunderte wintersportbegeisterte Zuschauer aus Lippersdorf, den umliegenden Ortschaften und aus dem Kreisgebiet strömten zu diesem großen Fest herbei. Schönstes Winterwetter mit strahlend blauem Himmel, in der Sonne glitzerndem, etwa 50 cm hohem Schnee und klirrendem Frost, ließ das erste Werbespringen auf der neuerbauten Lippersdorfer Rodatal-Schanze zu einem einmaligen Erlebnis werden. Punkt 14.00 Uhr - nur noch die Eröffnungsansprache, und schon hatte die Sensation begonnen.

Rudi Hilbert als Vorsitzender der Sportgemeinschaft Lippersdorf-Erdmannsdorf gab vom Kampfrichterturm aus das Zeichen für den ersten Sprunglauf. Voller Stolz zeigten junge Skispringer aus Lippersdorf, Erdmannsdorf und Ottendorf -wie Peter und Jochen Hubert, Gerd Hemmann, Eberhard Will, Heinz Schubert, Lothar Nerlich, Friedbert Burger und Harald Lorbeer aus Weißbach sowie einige Gäste aus Münchenbernsdorf mit Mut und Begeisterung ihr Können. Jüngster Springer war mit 14 Jahren Gerd Hemmann, der lustigste und bekannteste Eberhard Will. „ Jetzt kommt Will", riefen die Zuschauer und feuerten ihn mit Rufen und Beifall an. Nicht jeder Sprung glückte, aber das machte weder den Springern noch den Zuschauern etwas aus. Hauptsache, es wurde überhaupt gesprungen. Weiten zwischen 10 und 18 Metern wurden mit viel Beifall bedacht. Wer damals den Sieg davontrug, konnte ich leider nicht ermitteln.

Die Siegerehrung fand am Abend auf dem Saal der Gaststätte „Zur Sonne" statt. Die glücklichen Sieger erhielten Urkunden überreicht. Einwohner, die sich für den Bau der Sprungschanze besonders eingesetzt hatten, erhielten Auszeich¬nungen und Ehrenurkunden. Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Abendessen.


In den nachfolgenden Jahren wurde die Lippersdorfer Sprungschanze zu einem beliebten Treffpunkt für die Wintersportler im Kreis Stadtroda und darüber hinaus. Es fan¬den Kreismeisterschaften im Wintersport statt, auch mit den Disziplinen Langlauf, Abfahrtslauf, Torlauf und Alpine Kombination. Es nahmen Wintersportler aus Lippers¬dorf, Hermsdorf, Albersdorf, Stadtroda, bei weiteren Kreismeisterschaften auch Gäste aus Tautenhain und Münchenbernsdorf teil, so z.B. Rolf Otto, Peter Pertsch, Harald Keutsch, Dieter Hengst, Dieter Rosenkranz, Gerhard Hammerl, Hans Döring, Hubert Wendler, Siegfried Huhn, Klaus Krahmer, Carola Taubert aus Eineborn u.a.


Die 1. Kreismeisterschaft fand am 18.01.1959, die zweite am 07.03.1960 in Lippersdorf statt. Am Sonnabend, dem 14. Januar, und am Sonntag, dem 15. Januar 1967, wurde auch die 1. Kinder- und Jugendspartakiade im Wintersport des Kreises Stadtroda mit den Disziplinen Langlauf, Abfahrtslauf, Staffellauf und Sprunglauf durchgeführt.
Das war aber auch die Abschiedsveranstaltung von der Lippersdorfer Sprungschanze. Sie entsprach nicht mehr den technischen Anforderungen und den Sicherheitsbestim¬mungen. Eine neue, noch größere Schanze war bereits 1965 geplant, eine weitere Holzschneise mit einem stärkeren Gefalle bereits geschlagen und nötige finanzielle Mittel beantragt. Auch eine neue Konstruktionszeichnung und alle erforderlichen Statikberechnungen lagen vor - aber dann spielte das Wetter nicht mehr mit. Oftmals mussten vorher angesetzte Veranstaltungen wegen Schneemangel abgesetzt werden, einige Skispringer zogen aus beruflichen Gründen weg oder heirateten, und zu allem Verdruss war in Tautenhain eine größere Sprungschanze gebaut worden, die den Neu¬bau einer Schanze in Lippersdorf erübrigte.


Bereits am 19./20. Januar 1969 fand die Winterspartakiade in Tautenhain für die Kreise Eisenberg, Stadtroda, Gera-Stadt und Gera-Land statt. Damit war der Traum von einer neuen Sprungschanze in Lippersdorf ausgeträumt.
Heute nach 42 Jahren frage ich mich: Wie war es möglich, dass so ein kleines Dorf zu einer Sprungschanze gekommen war. Und ich muss resümieren: Es war das Verdienst eines wintersportbegeisterten Lippersdorfers, eines Verehrers von Helmut Recknagel und Harry Glas - es war das Verdienst unseres Einwohners Rudi Hilbert. Fasziniert vom Skispringen und den Erfolgen eines Helmut Recknagel und Harry Glas besuchte Rudi Hilbert mit seiner Tochter Adelheid die Sprungschanze in Oberhof und Helmut Recknagel in seinem Haus in Steinbach-Hallenberg. In einem zwanglosen Gespräch war natürlich die Rede von Rudis Traum - der Schanze in Lippersdorf. H. Recknagel ermunterte ihn, an seinen Idealen festzuhalten. Rudi fuhr zum Skispringen nach Klingenthal zu Harry Glas und gemeinsam mit Adam Knüll nach Brotterode. Ziel¬strebig verfolgte er sein Ziel.


Lipperdsorf war zur damaligen Zeit ein sportbegeistertes Dorf. Es gab eine Sportge¬meinschaft des Deutschen Turn- und Sportbundes mit den Abteilungen Turnen, Gym¬nastik und Skisport. Rudi Hubert begann seinen Traum zu verwirklichen. Zuerst galt es, die jugendlichen Wintersportler der Schule, die sich eine Kinderschanze mit ver¬eistem Absprunghügel am Hang zwischen Werner und Rudi Huberts Haus gebaut hatten, für eine neue und größere Schanze zu begeistern. Dann wurde die Genehmi¬gung vom Kreis und der Gemeinde zum Bau eingeholt, der Antrag zum Holzeinschlag beim Rat des Kreises gestellt. Rudi Hubert ließ in seinem Privatwald eine Schneise schlagen, in die die Sprungschanze gebaut werden sollte, und er stellte seine Wiese für den Aufsprunghang zur Verfügung. Der Konstrukteur Karl Uhlmann projektierte das Profil der Schanze.


Am 13. April 1957 ging es los, nachdem die Genehmigung zum Holzeinschlag erteilt worden war. Das Holz wurde geschlagen und zum großen Teil zum Schnitt in die Sägemühle nach Ottendorf gebracht. Im Sommer begann die Arbeit an der Schanze. Sportler und Einwohner von Lippersdorf halfen beim Errichten der Holzkonstruktion. Sogar ein Kampfrichterturm wurde gebaut. Danach konnte der Aufsprunghügel ent¬sprechend der Zeichnung aufgeschüttet bzw. abgetragen werden. Hier halfen die Jugendlichen des Jugendwerkhofes Wolfersdorf. Beim Bewegen der Erdmassen leiste¬ten sie Arbeitseinsätze mit Hacke und Schaufel. Im Dezember 1957 wurde noch fleißig am Aufsprunghügel gearbeitet. Zum Glück gab es zu dieser Zeit noch keinen Frost und keinen Schnee, so dass die Arbeiten zügig vorangehen konnten.


Inzwischen galt es für Rudi Hilbert, erste Vorbereitungen für die Einweihung zu treffen. Einladungen mussten geschrieben werden, Fahnen gekauft, die Sanitätsgruppe Lipperdorf des DRK für ihren Einsatz geschult, ein Arzt und ein Krankenwagen bereitgestellt, das Ablaufprotokoll erstellt, die Urkunden besorgt und die Kampfrichter eingeladen werden. Nicht zu vergessen, die Organisation der Abschlußssfeier. Inzwischen hatte es geschneit, und in den Tagen vor der Einweihung musste fleißig trainiert werden.
Endlich war es dann soweit!
Der Absprunghügel war mit kleinen Reisigästen abgesteckt, am Absprungbakken in riesigen Lettern der Name „Rodatal-Schanze" angebracht, die Fahnen waren aufge¬zogen worden. Sportler, Gäste und Zuschauer standen bereit. Die Eröffnungsfeier konnte beginnen!


Heute ist Rudi Hilbert fast 80 Jahre alt. Die Beine wollen nicht mehr so recht. Geblieben ist ihm ein feines Lächeln, wenn er über „seine Schanze" spricht. Die Schanze gibt es seit langem nicht mehr. Sie wurde nach mutwilliger Zerstörung aus Sicherheitsgründen abgerissen. Aber die Schneise im Wald hinter dem Haus ist jetzt noch deutlich zu erkennen. Nach über 40 Jahren ist der Name Rudi Hilbert noch immer mit dem Begriff „Sprungschanze" fest verbunden. Es erinnern sich die damaligen Skispringer und vor allem die älteren Bürger von Lippersdorf und Um¬gebung an das großartige Ereignis von damals.
Für seine Verdienste um die Erbauung der Schanze und für seine sportlichen Aktivitäten mit den Jugendlichen wurde Rudi Hilbert vom DTSB mit einer Urkunde und 1958 anlässlich des III. Deutschen Turn- und Sportfestes mit einem Pokal ausgezeichnet.


(von Anneliese Hesse in dem Heimatbuch „Lippersdorf in den Tälern“ v. K. Bergner, 1999)