„Es war Liebe auf den ersten Blick...“
Was sich wie eine Romanze zwischenmenschlicher Art anhört, betrifft in diesem Fall allerdings die Liebe zu einem Bauwerk. Diese gesteht Herr Backer, der jetzige Besitzer der Westhälfte des Rothvorwerkes bei Weißbach.
Zum Rothvorwerk gelangt man, indem man in Weißbach gleich am Ortseingang nach links abbiegt und die Anhöhe in Richtung Osten bewältigt. Am Ende der Auffahrt sieht man dann schon bald den leuchtend gelben Turm mit der Barockhaube und die anderen Gebäude der ehemaligen Wehranlage, die erstmals 1071 urkundlich erwähnt wird.
Der schöne Anblick, der sich heute dem Besucher bietet, ist ein Verdienst von Herrn Backer, der sich auf den ersten Blick in die alten Gemäuer verliebte.
„Eigentlich suchte für die Tochter seiner Frau ein Objekt, wo sie ihre Pferde unterbringen kann und ihre Hippotherapie bzw. Physiotherapie durchführen kann“, verrät Herr Backer. Er sei sofort begeistert von dem Anwesen und nachdem die Tochter seiner Frau zuerst einmal zur Miete dort gewohnt hatte, stand es eines Tages zum Verkauf.
Trotz der großen Bauschäden entschied sich das Ehepaar Backer für den Kauf.
Als Fan von alten Gebäuden, ausgerüstet mit seinen Erfahrungen, die er bei seiner Arbeit als bautechnischer Ingenieur in einem privaten Restaurierungsbüro sammeln konnte, begann Herr Backer seine Arbeit am Westteil des Rothvorwerks, denn seit 1799 ist der Gebäudebestand geteilt worden.
„Ohne die Hilfe von vielen Bekannten und Freunden, die mich bei der Arbeit unterstützten, hätte ich es nicht geschafft“, meint Herr Backer auf die letzten 10 Jahre zurückblickend, die er fast täglich von seinem Wohnort Saalfeld nach Weißbach fuhr. Und auch die gute Nachbarschaft mit der Familie Schmidt, die den anderen Teil des Rothvorwerks besitzt, war für den Erfolg der ganzen Baumaßnahmen wichtig.
Nachdem er am 19. November 1996 seinen Teil des Rothvorwerks von den Herrmannschen Erben gekauft hatte, begann erst einmal ein Jahr des Aufräumens, um danach mit der fachgerechten Sanierung des Wohngebäudes zu beginnen. Von Anfang an war dabei die Denkmalschutzbehörde mit im Boot, denn die Bausubstanz sollte in der authentischen Form wieder hergestellt oder erhalten werden. Eine denkmalpflegerische Zielstellung musste von Herrn Backer erarbeitet und alle Arbeiten mit der Denkmalschutzbehörde abgesprochen werden. Dass er seine Zielstellung erfüllt hat, zeigt die Plakette am Hoftor, die ihn als Empfänger des Denkmalschutzpreises des Saale-Holzland-Kreises 2006 ausweist. Doch bis dahin war es wie schon genannt ein ganzes Stück Arbeit.
Nach der Erstellung der denkmalpflegerischen Zielstellung ging Herr Backer mit seinen Helfern erst einmal daran, die Dächer zu reparieren und sich im Dachgeschoss eine kleine Wohnung auszubauen. Kaum war das geschafft, musste dringend am Turm Hand angelegt werden, da er einsturzgefährdet war. Der Westturm als einer der drei noch vorhandenen Türme des Rothvorwerks trägt als Einziger eine Barockhaube, die dieser 1796 erhielt.
Die Wetterfahne fand Herr Backer nicht mehr vor, wohl aber die Beschreibung des Rothvorwerks in Lehfeldts „Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens“ von 1888, in der die Jahreszahl 1796, da sich zu der Zeit noch die Wetterfahne auf dem Turm befand.
Der Turm musste geklammert werden, da er Risse zeigte und mit Armierungsgewebe eingewickelt werden.
Nun folgte der Innen- und Außenputz. Bei diesen Arbeiten kamen noch weitere Schäden am Turmdach zum Vorschein, sodass dieses ebenfalls erneuert werden musste. Der Turm bekam nun auch noch eine neue Holzschalung, neuen Schiefer, eine neue Turmkugel und eine neue Wetterfahne.
Dann widmeten sich die Backers dem Wohngebäude und verlegten alle Versorgungsleitungen neu, erneuerten überall den Putz und in den meisten Zimmern den Fußboden. Alles geschah auch hier unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes. Ebenfalls saniert wurde der noch vorhandene Backofen, der total defekt war. Nachdem er fast komplett abgetragen wurde, baute ihn ein Ofensetzer wieder auf, der extra seinen Gesellen mitbrachte, damit dieser einmal sieht, wie so ein Backofen gebaut wird. Schließlich sind ja nicht mehr viele dieser Öfen erhalten.
Unterstützung finanzieller Art erhielt Herr Backer seitens des Denkmalschutzamtes für den Wiederaufbau des Backofens und für die Wiederherstellung des Treppengeländers. An die 30 Fenster wurden erneuert, das heißt originalgetreu und denkmalgerecht angefertigt von der Bautischlerei Schmidtke aus Lippersdorf. Überdies wurden noch alle Türen im Gebäude entsprechend den vorhandenen Originalen, welche schon stark vom Holzwurmbefallen waren, nachgebaut.
Dabei wurden vorhandene Beschläge und Schlösser aufgearbeitet, um möglichst viele alte Originalbauteile zu erhalten.
Nachdem Wohnhaus und Turm hergerichtet waren, wurde der Keller entrümpelt und hergerichtet. Er kann jetzt für gemütliche Abende genutzt werden. Nun ging es am Scheunengebäude gegenüber des Wohnhauses weiter. Die Fassaden wurden erneuert und danach der Hof neu gepflastert. In Hofeinfahrtbreite wurden dabei die alten Originalsandsteine wieder verwendet, die leider nicht mehr für den ganzen Hof reichten. Im Laufe der Jahre waren schon zu viele Steine verschwunden.
Dann wurde das Torhaus ausgebaut, in dem sich nun zwei Aufenthaltsräume und die Sanitäreinrichtungen für das „Schlafen im Heu“ befinden. Im ersten Geschoss des Torhauses sind die „Bärenhöhle“ und die „Igelburg“ für die Übernachtungsgäste aufgestellt, die einmal im Heu übernachten möchten. Bis zu 30 Personen können im Heu untergebracht werden. Angeregt von einer Fernsehsendung kam Herr Backer auf die Idee, so etwas ebenfalls als touristische Attraktion, neben seinen 2 Ferienwohnungen im Erdgeschoss des Wohngebäudes, anzubieten.
Seit der Fertigstellung von ca. 1 ½ Jahren nutzten Wandergruppen oder auch Einzelpersonen und Familien teilweise schon recht regelmäßig die Möglichkeit der Übernachtung, wobei Familie Backer auch die Bewirtung der angemeldeten Wandergäste übernimmt, ganz nach den individuellen Wünschen ihrer Gäste. Doch Herr Backer hat schon das nächste Objekt auf seinem Lieblingsgrundstück in Arbeit. Ein kleines Nebengebäude, welches schon am einfallen war, wurde seit dem Herbst 2006 wieder aufgebaut, wobei auch hier wieder Wert auf die traditionelle und originale Fachwerkbauweise gelegt wurde mit Zapfen und Holznägeln, ohne die heutigen modernen Holzverbinder. Das Gebäude soll später einmal den Wanderern als Aufenthaltsmöglichkeit dienen, wenn diese am Rothvorwerk Rast machen. Lohnenswert ist es dank dem Fleiß und der Mühen von Familie Backer und ihren Helfern auf jeden Fall.
T. Schwarz (März 2007)
|