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Verwaltungsgemeinschaft Hügelland-Täler

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Die Freunde des Hydraulischen Widders in WolfersdorfWidder_Glocke

Eher zufällig, beim Pilzesammeln, stießen 1998 Jugendliche aus Trockenborn-Wolfersdorf auf ein kleines Tor am Rande des Waldweg im Schüsselgrund, welches in einer Mauer versteckt, einem Kellereingang ähnelte.
Als sie in Erfahrung gebracht hatten, dass es sich um eine alte technische Anlage handelte, die bis in die 1970er Jahre die Wasserversorgung von Wolfersdorf ermöglichte, war ihr Interesse geweckt.
Etwas ungläubig und erstaunt stellten sich die jungen Männer die Frage, wie so ein hydraulischer Widder, als eine Art Druckerzeuger überhaupt ohne Strom funktionieren konnte.
Erste Nachforschungen erwiesen sich als gar nicht so einfach, denn das Internet war zu dieser Zeit noch nicht eine solche „Fundgrube“ wie es dies heute ist.
Doch die Männer um Steffen und Michael Schubert kamen dem Geheimnis bald auf die Spur.
Nachdem sie gemeinsam mit Dirk Schwenk, Rene Schwenk, Maik Fischer, Mirko Naß und Thomas Wehling beschlossen hatten, den Wolfersdorfer Widder weiter zu erforschen und eventuell wieder herzurichten,  fehlte ihnen bloß noch die Zustimmung seitens der Gemeinde Trockenborn-Wolfersdorf. Der damalige Bürgermeister Hartmut Weidemann gestatte den sechs Freunden ihr Vorhaben und so begann im April 1998 die Aktion „Hydraulischer Widder“ im Wolfersdorfer Schüsselgrund.

Zunächst wurde die gesamte Anlage entschlämmt und der Waldboden um das kleine Tor „umgegraben“, um alle Teile der Anlage zu bergen. „Hierbei hatten wir großes Glück, denn wir fanden alle Teile“, beschreibt Michael Schubert die „Grabungserfolge“ und erklärt, dass es zwar früher sehr viele vergleichbare Anlagen, insbesondere rund um Jena gab, ihre Restaurierung aber oftmals an fehlenden Originalteilen scheiterte.

Alle Teile wurden sorgfältig geborgen und anschließend mit den gleichen Materialien nachgebaut. Sei es die Ventilklappendichtung aus Leder oder die Triebkesselfußdichtung aus wachsgetränkter Pappe, alles ist möglichst originalgetreu nachgebaut.

Dabei musste oft getüftelt, experimentiert und ausprobiert werden, damit der Widder dann im November 1998 wieder Wasser pumpte. Bis dahin verbrachten die jungen Männer viele Wochenenden mit Arbeiten an „ihrem“ Widder. Dass sie die Technik voll und ganz beherrschen, zeigte sich am Tag des Offenen Denkmals im September diesen Jahres, als der Widder wieder interessierten Besuchern erklärt und präsentiert werden sollte. Nach dem Einbau der Glocke sprang der Widder nicht gleich an, doch mit flinken und geübten Handgriffen wurde durch Steffen Schubert und Thomas Wehling schnell eine vorsorglich bereitgelegte Fußdichtung gewechselt. Widder-Mannschaft2
Als die ersten Besucher kamen, lief das kleine technische Wunderwerk wieder wie am ersten Tag. Und der liegt schon über 100 Jahre zurück, denn der Geburtstag des Widders in Wolfersdorf ist der 21. April 1908.

Seine Erfindung ist den Brüdern Montgolfier zu verdanken, die das Prinzip bereits 1797 entwickelten. Dabei gelingt es mit lediglich zwei beweglichen Teilen, dem Druckventil und dem Stoßventil, im sogenannten Windkessel einen Wasserdruck aufzubauen. Bei Versuchen am Wolfersdorfer Widder wurden schon Spitzenwerte von 120 Metern Wassersäule  gemessen.
Beschreiben könnte man das Wirkprinzip wie folgt: in einem Triebwasserschacht (Wasserleitung von einer Art Hochbehälter) fließt Wasser mit hoher Geschwindigkeit und trifft bei der Erlangung des höchsten Tempos auf die Glocke (Stoßventil). Dieses schließt sich und verursacht damit einen Rückstoß. Dieser öffnet dann das Fußventil vom Windkessel und drückt einen Teil des Wasser in diesen. Dabei wird die dort befindliche Luft komprimiert. Die Luft will sich wieder ausdehnen und presst gegen das Wasser, welches dadurch in die Kraftleitung (Wasserleitung zu den Verbrauchern hin) gedrängt wird, bzw. unter Druck gesetzt wird. Der Vorgang wiederholt sich und das klopfende Geräusch der sich schießenden Glocke geb der Anlage wohl seinen Namen.

Das Wirkprinzip der Anlage kann man auch auf der Informationstafel, die sich wenige Meter neben der Anlage befindet, lesen und auch Fotos von den Arbeiten während der Restaurierung werden dort interessierten Gästen präsentiert.

Gezeigt und vorgeführt wird der Widder jedes Jahr zum Denkmaltag, oder auch auf Bestellung. So fanden schon verschiedenste Besuchergruppen, vom Wanderverein über Betriebsausflüge der Wasserversorgungsbetriebe nach Wolfersdorf, um die alte und geniale Anlage zu bestaunen. „Schwierig wird Widder2es für uns bei ausländischen Besuchern, „ erinnert sich Steffen Schubert an Studenten, denen man mit „DDR-Schulenglisch“ das Wirkungsprinzip erklären musste, „was nicht einfach war, aber dann mit Händen und Füßen doch gelang“

Das Interesse erklärt sich auch damit, dass es nur noch wenige funktionierende Widder gibt. Die meisten Anlagen dieser Art wurden verschrottet oder konnten eben wegen fehlender Teile nicht wieder hergestellt werden. Die Originalteile bewahren die sechs „Widderfreunde“ auch wie einen Schatz auf. Wissen sie doch um ihren Wert und außerdem um die vielen Stunden ihrer Arbeit, die sie geleistet haben. Als reine Privatinitiative gehören die Brüder Michael und Steffen Schubert sowie ihre Mitstreiter keinem Verein an und finanzieren sich lediglich aus Spenden. Bleibt zu hoffen, dass sich zum Denkmaltag viele Technikfreunde eingefunden haben, und so das technische Kleinod auch weiterhin erhalten werden kann

T.S.(September 2009)