 Schöne war`s
Es war mal wieder soweit, die Tissaer sind am 18.04.2010 eine Runde ums Dorf gelaufen. Der Grund war aber nicht Fitness oder lange Weile, sondern die Kontrolle der Flurgrenzen und Grenzsteine. Solcherart Flurzüge sind nach der Wende wieder zur Tradition gekommen und finden regen Zuspruch von Jung und Alt.
Wichtig ist hierbei eine kompetente Führungskraft mit gut überlieferten Flurkenntnissen, eine schöne Flurkarte, eine Schlaghacke und eine Flasche Markierspray. Punkt neun Uhr fanden sich um die 30 Leute auf dem Dorfpatz ein und unter Führung des Altbauern Horst startete die ganze Meute entgegen dem Uhrzeigersinn zur Dorfumrundung. Wie immer ist Anfangs der Schwung noch frisch und das Interesse riesig.
Jeder Grenzstein wird ordentlich freigelegt die eingemeißelten Initialen genauestens analysiert und der Stein mit Markierspray gezeichnet. Dieser und jener ist völlig verwachsen und kaum zu finden. Aber Dank Insiderwissens von Horst und einer Luftbildaufnahme mit eingezeichneten Flurgrenzen, die das moderne Internet heute bietet, kommt die Truppe jeden Stein auf die Spur. 
Bergauf und ab, geht’s vom Tissaer Weg steil ins Tissaer Tal und von da wieder steil bergauf zum Hüter. Wege sind uninteressant, unser Weg ist die Flurgrenze, auch wenn die ganze Meute schnauft vor Anstrengung. Aber so lange Altbauer Horst mit Neunundsiebzig vornewegstürmt, müssen alle mit. In halber Höhe fällt er zwar mit den Worten „Is iss dawagen jans schiene steil“ ins Mittelfeld zurück, hat aber oben immer noch genug Puste sich mit seinem Sohnemann , das ist der mit der Karte, lauthals über Besitzverhältnisse der Flureigentümer zu streiten. Das macht natürlich nicht nur hungrig sondern vor allem DURSTIG, und dieses Verlangen lässt sogar das Interesse an Flurgrenzen etwas verebben.
Von der lauten Truppe aufgeschreckt wechseln einige muntere Rehlein übers Feld, nicht die Einzigen an diesem Tag. Komischerweise waren uns während der Treibjagd im Herbst kaum welche begegnet, so dass nur ein Muffel erlegt wurde. Vermutlich wittern die Tierchen, das wir heute ohne Büchse unterwegs sind. Überhaupt entdeckt bei dieser Gelegenheit jedermann wieder in welch schöner Gegend er doch wohnt, denn die Aussichtspunkte sind verschiedentlich sehr reizvoll.
Nachdem wir bei sechs Grad gestartet waren, und sich in der Sonne auf freiem Feld die Jacke überflüssig machte, konnte man sie bei Erreichen der Waldgrenze getrost wieder überwerfen. Hier stieg auch das Interesse an Grenzsteinen wieder an, denn wer möchte sein Feuerholz schon beim Nachbarn ernten und dadurch einen Holzkrieg auslösen.
Aber das Tempo wird nun spritziger und die hauptsächliche Frage ist, wie weit ist es bis zum Getränkestützpunkt und hoffentlich hat Ihn noch niemand vor uns entdeckt. Diesen und jenen etwas abgelegenen Grenzstein muss man da nicht unbedingt gesehen haben. Und dann endlich, nach zwei Stunden Fußmarsch und gefühlten fünfzig Kilometern, das Wasserhäuschen am Hellen Platz und die Getränke sind noch unberührt. Dem Herrn sei Dank!
Na dann, Prost Gemeinde.
Jetzt ist Zeit sich mal darüber Gedanken zu machen, was für Nachrichten so ein Grenzstein für uns bereit hält, außer dass er in den vielen Jahren seiner Existenz schlecht behandelt und oftmals gar nicht beachtet wurde und viele von Ihnen völlig verschwunden sind. Gerade in der Flur Tissa fand damals eine Separation, heute würde man wohl sagen Flurbereinigung oder Flurneuordnung statt.
Die Flurkarte sagt uns, dass alles inklusive aller Wege komplett verlagt war,das ist keine Selbstverständlichkeit. Aber die interessanteste Frage ist doch immer wieder was die Inschriften wohl bedeuten mögen. Es erscheint uns oft ganz einfach, wie bei SRO oder SR für Stadtroda. Aber wie ist das mit FW. Bedeutet es Forstwald oder Forst Waltersdorf oder Fürstlicher Wald, nein es heißt Fiskalischer Wald hat wieder ein anderer gehört. Eindeutiger sind da schon die Nummerierungen der Steine, meist in logischer Reihenfolge. Auf der Oberseite der alten Modelle ist dann meist noch der Verlauf der Grenze eingemeißelt. Jeder Stein hat aber vor allem seine Geschichte und es wäre sicher möglich über jeden von ihnen eine solche zu schreiben. Vom Waldbrand bis zum Flugzeugabsturz haben sie vieles überstanden, und wenn man den alten Geschichten glauben darf, sind sie Zeitzeugen mancher Zeugung und Geburt des Hofnachfolgers.
Da sind nicht nur die guten und schlechten Zeiten. sondern auch welche in denen er ganz abgeschafft werden sollte und in denen er über Jahre in der Erde schlummerte, ohne dass jemand danach ge sucht hätte.
Frisch aufgetankt laufen die Füße wieder rund und es geht weiter Richtung Bratwurstrost, entlang der Grenze der Tissaer und Stadtrodaer Flur, die sich hier wie ein gewaltiger Keil zwischen Tissa und Ulrichswalde schiebt. In diesem Abschnitt sind immer mal wieder Müllvandalen unterwegs. Hier liegen einige Dinge die im heutigen Recyclingsystem sowieso gebührenfrei entsorgt werden können. Welcher Blödmann macht sich da die Mühe es hier zu entsorgen.
Am Ausgangspunkt angelangt gibt’s zwar wieder Getränke aber den Rost hat noch keiner angeschmissen. Da hilft natürlich Andreas, er hat schon den Rost vorbereitet, das Bratzeug besorgt und wieder viele schöne Fotos geschossen, da kann er auch noch braten.
Nach dem dritten Auswertungsbierchen steht schon mal eins fest, das nächste Mal laufen wir endlich mal rechts herum. Erstens können wir uns dann intensiver um diese Grenzsteine kümmern, und zweitens ist es nicht so weit zum Getränkestützpunkt.
Der Dorfschulze von Tissa Rainer Hartung
|