Damit die Kirche im Dorf erhalten bleibt – die Kirchgemeinde Rausdorf und ihre Helfer
Als im letzten Jahr die Rausdorfer Kirche zum 2. Mal eine Adventsausstellung veranstaltete, hofften die Frauen um Britta Schlenzig, Catrin Schneider, Ina Müller und Marita Mehlhorn, dass sich der Erfolg aus der Premiere 2005 wiederholen würde. Sie sollten nicht enttäuscht werden. Die Ausstellung in der kleinen Dorfkirche, welche eine kleine Anhöhe in der Nachbarschaft des Gemeindehauses und des Rausdorfer Schlosses ziert, lockte wieder viele Besucher an. Das war schon um 1900 so, als es um das Kirchengebäude besser stand und die kleine Patronatskirche als „Hochzeitskirche“ für gut betuchte Jenaer bekannt war. Die Idee zu der Ausstellung in der Kirche kam Frau Ina Müller in einer „finanziellen Depression unserer Kirchgemeinde“, so Britta Schlenzig,
„Dieses Mal hatten wir sogar noch mehr Helfer, wie zum Beispiel an der Kaffeetafel im Gemeindehaus und am Bratwurststand.“ Gemeinsam mit Catrin Schneider führt Britta Schlenzig seit 2000 als Kirchenälteste die Regie in der Rausdorfer Kirchgemeinde mit ihren 24 Mitgliedern, die zum Kirchspiel Großbockedra gehört. Beide sind jedoch nicht mal gemeinsam so alt, wie es der Begriff Kirchenälteste vermuten lässt.
Das Hauptziel der gemeinsamen Anstrengungen der Kirchenältesten und ihrer Helfer die Erhaltung und Restaurierung ihrer kleinen Kirche. „Den Anfang machte der Kirchen-Kunstverein Stadtroda, welcher auch noch andere Kirchen im Gebiet um Stadtroda betreut hat“, berichtet Frau Schlenzig. Während das Kirchengebäude lange dem allmählichen Verfall preisgegeben war, musste wegen Baufälligkeit im Jahre 1999 der Turm abgetragen werden. Das war dann der Moment, der auch viele Einwohner, welche nicht Kirchenmitglied waren, aufschreckte und regelrecht wachrüttelte. Es konnte doch nicht so bleiben, die Kirche ohne Turm.
Der Kirchen-Kunst-Verein schaffte es dann auch, den Turm wieder aufbauen zu lassen und so konnte dann 2001 das Knopffest gefeiert werden.
Nach und nach übernahm die Kirchgemeinde Rausdorf die Leitung über die weiteren Arbeiten an der Kirche. So war die Erneuerung der Dacheindeckung 2000 noch eine gemeinsame Aktion mit dem Kirchen-Kunst-Verein, während die nächsten Maßnahmen zunehmend selbstständig von der Kirchgemeinde initiiert und realisiert wurden.
Die Sanierung des Giebels mit dem Eingangsportal konnte so mit Hilfe von Lottomitteln, Materialspenden und Hilfe von Baufirmen abgeschlossen werden. So gelb, wie er heute leuchtet, so erinnert der Giebel aber auch an die grauen Seitenwände, die auch noch neu verputzt werden wollen.
Einen Rückschlag mussten die Frauen und Männer um Frau Schlenzig und Frau schneider hinnehmen. Der Hausschwamm hatte das untere Kirchenschiff befallen. Um ein Übergreifen auf weiteres Inventar oder gar das Bauwerk zu vermeiden, mussten alle Kirchenbänke geopfert, sprich verbrannt werden. Neue Bänke konnte sich die Gemeinde nicht leisten und so wurden gebrauchtes Kirchengestühl aus der Jägersdorfer Kirche und einer anderen Kirche im Weimarer Land erworben und von Siegfried Wolf aus Großbockedra umgebaut, damit sie in Rausdorf nutzbar sind.
Das kostbarste Stück der Rausdorfer Kirche ist die Orgel aus dem Jahre 1772. Der damalige Rittergutsbesitzer Ludwig Adam Ernst von Eichelberg, weimarischer Rittmeister auf Niederkrossen, ließ sie auf eigene kosten von Christian Sigismund Voigt aus Uhlstädt bauen. In Zusammenarbeit mit dem Kirchen-Kunst-Verein wurde sie im Jahr 2003 wieder so repariert, dass sie spielbar ist, aber noch nicht restauriert. Dass sie trotz der 2 fehlenden Töne gespielt wird, dafür sorgte man mit der Veranstaltung von zahlreichen Benefizkonzerten, was aus organisatorischen Gründen in den letzten Jahren nicht mehr so geschah, denn es ist für die Gemeinde nicht so einfach, Künstler zu finden, die kostenlos auftreten, die weiten baulichen Maßnahmen zu organisieren und mit durchzuführen.
Doch gerade bei der Durchführung von Baumaßnehmen konnte sich die Kirchgemeinde auf die Hilfsbereitschaft vieler Firmen der Umgebung stützen, die zum Materialpreis arbeiteten oder gar kostenlos arbeiteten bzw. Geräte und Ausrüstungen kostenlos bereitstellten. Unverzichtbar sind jedoch die vielen Helfer aus dem Dorf, die zahlreich erscheinen, wenn sie um Hilfe gebeten werden. Es sind dabei nicht nur Mitglieder der Kirchgemeinde, sondern auch viele junge Leute, die sich für die Erhaltung „ihrer“ Kirche tatkräftig mit einsetzen.
Dass dabei viel geschaffen werden konnte, macht die Leute stolz und es kommt zu einem positiven Nebeneffekt: Jung und Alt kommen zusammen, man redet miteinander, neue Ideen werden geboren. 
So hat die Arbeit an der Kirchensanierung die Einwohner zusammengebracht und ihr Gemeindeleben auch in anderer Hinsicht bereichert. So gab es im letzten Jahr einen Bastelabend vor Weihnachten, aus dem dann gleich 2 Abende wurden.
Während eine Zeit lang nur Taufen und Beerdigungen in der Kirche stattfanden, von den Benefizkonzerten einmal abgesehen, rief Herr Torsten Müller vor einigen Jahren das „Warten auf den Weihnachtsmann“ am Heiligabend in der Kirche ein. Gemeinsam musizierten und sangen die Familien zusammen und verbrachten so gemeinsam die Zeit bis zur Bescherung. Bald nahmen sich die Rausdorfer vor, ein Krippenspiel zu veranstalten. Heute ist dies wieder üblich und die Kinder kommen schon von sich aus und fragen nach ihren Rollen, wenn sich das Jahr in Richtung Advent neigt.
Als die Kirche im Jahr 1875 einen Anbau erhielt, wurde dieser mit Tuffstein ausgeführt und nicht fachgerecht mit dem bestehnden Bauwerk verbunden. So entstanden im Laufe der Zeit große Risse, die 2006 von innen und außen verpresst und vernadelt wurden, um die vorgesehenen Putzarbeiten zu ermöglichen. Dass man aus finanziellen Gründen immer nur kleine Maßnahmen schaffen kann, ist teilweise auch hinderlich. Der Tuffstein ist sehr witterungsanfällig und es muss schnellstmöglich der Außenputz erfolgen. Und da die Rausdorfer Kirche ein Denkmal ist, sind die Auflagen der Denkmalschutzbehörde zu erfüllen. Doch Frau Schlenzig und Frau Schneider sind sich sicher, dass sie mit dem Denkmalschutzamt weiter so konstruktiv wie bisher zusammenarbeiten können und die Putzarbeiten mit Unterstützung der Denkmalschützer 2007 weitergeführt werden können. Außerdem suchen die Rausdorfer noch einen Elektriker, der mit dem schon vorhandenem Material die Elektroinstallation in der Kirche erneuert. „Vielleicht gibt es ja einen Elektromeister im Ruhestand, der uns diese Arbeit ehrenamtlich erledigt, bei freier Verpflegung natürlich“, schmunzelt Britta Schlenzig.
Angefangen von der Beschaffung der notwendigen Gutachten über die Fördermittelbeantragung und die anschließende Abrechnung, die Beschaffung von Spenden und das Organisieren von Arbeitseinsätzen nimmt die Kirchensanierung viel Freizeit der beiden Frauen und ihrer Helfer in Anspruch. Doch die Rausdorfer haben sich auch an ihre Kirche gewöhnt.
Man kann zum Beispiel ohne Uhr ins Dorf gehen, weil die Kirchturmuhr seit 2001 wieder schlägt. Dies tut sie dank Nils Schneider, der sie täglich aufzieht. „Ich zähle immer mit, weil mich dann die Leute auch gleich ansprechen, wenn mal was nicht stimmt“, gesteht Frau Schneider.
Nach ihren weiten Vorhaben gefragt, antworten Frau Schlenzig und Frau Schneider, ohne lange zu überlegen: „Die Kirche saniert haben, bis wir Rente gehen, und damit gleichzeitig weiterhin das Gemeindeleben bereichern.“ Bei so viel Entschlossenheit wird ihnen das sicherlich auch gelingen.
T.S. Januar 2007
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