Großbockedra – vom mittelalterlichen Bauerndorf zum modernen Wohndorf
Großbockedra ist ein Anger-Straßen-Dorf, eingefasst von einem nahezu geschlossenen Streuobstwiesengürtel, dessen Ortsbild maßgeblich vom Dorfberg mit seinen in Sandstein gehauenen zehn grottenartigen Kellern geprägt ist. Der Dorfberg ist der Mittelpunkt des historischen Ortskernes und heute ein "Denkmalensemble von besonderem volkskundlichen Wert".
Im Jahre 1254 - also vor 750 Jahren - wird das Dorf erstmalig in einer Lobdeburger Urkunde erwähnt, als Buckdra. Sicher aber ist es schon viel früher, zur Zeit des sogenannten Landesausbaues gegründet worden. Die damals ansässige Adelsfamilie, ausgestattet mit dem Rittergut, war die von Buckdra, Bockedrow, Bugkedra ..., und schließlich Bockedra. Ihnen folgten dann im 15. Jahrhundert die von Einsiedel und von Lichtenhain, im 16. Jahrhundert die Pusters, im 17. Jahrhundert die von Mühlich. Seit der Mitte des 18. Jahrhundert bis zur Zerschlagung des Freien Erblehn -Rittergutes Großbockedra 1823, hatte es acht verschiedene Besitzer. Zuletzt gehörte es dem Gutsbesitzer Esche aus Schiebelau.
Aus dem Dorf eines Rittergutes wurde Großbockedra zu einem Bauerndorf. Dieser Wandel war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit einem spürbaren ökonomischen und sozialen Aufschwung des Dorfes verbunden:
Viele Höfe werden ausgebaut, die landwirtschaftliche Produktion steigt enorm an, insbesondere die der Viehwirtschaft und des Obstbaues. Die Kirche wird zweimal/renoviert, weitgehend mit Spenden der Einwohner.
Die Dorfschule für den Schulverband Großbockedra, Kleinbockedra, Rausdorf, Schiebelau und z.T. Sulza wird zur Halbtagesschule, welche mit einer Schulbibliothek und einem Leseverein ausgestattet wird. Die Schulkinder aus Großbockedra erhalten Unterstützung durch die „Timmlersche Stiftung.
Die Gaststätte wird zu einem sozialen Mittelpunkt über die Dorfgrenzen hinaus, indem sie Konzerte, Kegelschießen, Plantänze, Karpfenschmaus u.a. regelmäßig veranstaltet. Es bilden sich Vereine.
Es werden 13 Gewerbetreibende ansässig: Schmied, Böttcher, Tischler, Schuhmacher, Schneider, W indmüller, Baumeister, Gastwirt, Kaufmann, Holzhändler und Weinhändler.
- Trotz dieser gewaltigen Entwicklung bleibt die Dorfgesellschaft aber durch Besitz an Grund und Boden sozial gespalten. Nur 1/3 der Familien sind Bauern, im heutigen Sinne von Vollerwerbsbetrieben. Die Ungleichheit erscheint damals und auch im 20. Jahrhundert dem Einzelnen schicksalhaft.
Im 20. Jahrhundert verläuft die Entwicklung des Bauerndorfes sehr differenziert, vor allem beeinflusst durch die beiden Weltkriege und die damit verbundenen Wechsel der politischen Systeme. Das Dorf und seine Einwohner versuchen über Jahrzehnte mit großen Anstrengungen die Infrastruktur zeitgemäß zu entwickeln.
Permanent wird an den Straßen gearbeitet, insbesondere in den 1920er und 1950er Jahren.
Von 1968 bis 1971 erfolgt dann der grundhafte Ausbau der Dorfstraßen zu Asphaltstraßen und 1989 entstehen erstmals in der Gemeinde Bürgersteige.
Eine völlige Veränderung der Lebensqualität tritt mit den Bau der Wasserleitungen 1904 und 1906 ein. In den 198oer Jahren entsteht ein neues modernes Wasserversorgungssystem. Die ständig zu reparierenden Abwasserleitungen, mit teilweise offenen Führungen, werden von 1955 bis 1958 mit dem Bau einer geschlossenen Kanalisation, welche durch beispielhafte Arbeitsleistungen der Einwohner von Großbockedra entstand, dauerhaft modernisiert. Daran schließt sich die Erweiterung der Löschwasserreserve durch den Bau des "Bades" im Jahr 1962 an.
Die Gemeinde erhält in den 1920er Jahren das erste öffentliche Telefon, hat 1925 eine Gemeindeschwester, richtet 1937 die "Neue Schule" im ehemaligen Rittergut/ Herzogliche Försterei ein, baut 1955 den ersten Kindergarten, der die Kinder bis 1975 betreut, richtet 1953 ein Jugendzimmer und 1958 eine Arztstation ein und organisiert 1958 den Anschluss an den Busverkehr nach Stadtroda und Jena.
Verschiedenste Vereine, wie Gesangsverein, Laienspieltheater, Burschenverein, Mädchengesellschaft, Militär- und Kriegerverein, Schützenverein, Obstbauverein, DRK-Staffel u.a. bestimmen zeitweise das Dorfleben.
Eine fundamentale Veränderung der Verhältnisse im Bauerndorf tritt mit der Bildung der LPG 1961 ein. Zuerst bildet sich die auf Großbockedra beschränkte LPG "Am Hainberg", die sich 1975 mit LPG aus Nachbardörfern zusammenschließt. Das Dorf wird zum Sitz der LPG Tierproduktion "Hügelland". Die LPG bestimmt nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch in hohen Maße das soziale Leben im Dorf und die Entwicklung seiner Infrastruktur.
Es setzt der Wandel vom Bauern- zum Wohndorf ein, der sich nach der politischen Wende allseitig ausprägt. Nur noch einzelne ehemalige Bauernwirtschaften halten Vieh und bewirtschaften Land, nur noch wenige Einwohner haben einen landwirtschaftlichen Arbeitsplatz. Die Anwesen werden zu Wohnplätzen und in der Rand- und Lückenbebauung entstehen weitere Wohnhäuser.
In der Dorferneuerung 1997-1999, aber auch im Prozess der Modernisierung der Anwesen vertieft sich diese Entwicklung. Markant sind dabei die Rekonstruktionen des Dorfgemeinschaftshauses, der Bau des Freizeit-Komplexes Sportplatz/Kinderspielplatz/Festplatz und die permanente Modernisierung von vielen privaten Anwesen. 
Das Dorfgemeinschaftshaus ist laufend Gastgeber von Familienfeiern, der Heimatabende, der Zusammenkünfte der Vereine, der Jagdgenossenschaft und anderer Gemeinschaften.
Auf dem Freizeitkomplex treffen sich die Kinder und die Freizeitsportler. Er ist der Ort, an dem die traditionellen Dorffeste Maibaumsetzen und Erntefest stattfinden. In diesem Jahr ist er der Hauptveranstaltungsort in der Festwoche "750 Jahre Buckdra".
Großbockedra verfügt mittlerweile über acht unter Denkmalschutz
stehende Objekte, die mit Respekt erhalten werden:
Das Bodendenkmal Steinkreuz, der Dorfberg als Denkmalensemble von besonderem volkskundlichen Wert, das "Spritzenhaus", das Alte Rittergut, das Pfarrhaus und die Kirche, die Roteiche am Hahn und die Tongrube als Pflanzenrefugium und Fundstätte von Chirotherienfährtenabdrücken.
Ein im Jahr 2004 eröffneter, mit Mitteln der LEADER+ Förderung eingerichteter, "Rundwanderweg zu Denkmälern und Sehenswürdigkeiten Großbockedras", erschließt den Besuchern die Historie des Dorfes und seine ökologisch wertvolle Umgebung. Es werden 13 Objekte im Dorf und viele im Feld und Wald mit übersichtlichen Tafeln benannt und kurz definiert.
Die Gastwirtschaft "Zum Rosenbusch" lädt die Besucher dieses Rundwanderweges zur Stärkung und Erholung ein.
Wiederbelebt wurde in den 1990er Jahren die Vereinsarbeit, die die Dorfgemeinschaft deutlich festigt. Zuerst gründeten die Jugendlichen den l. FC Großbockedra. Er kümmerte sich nicht nur um den Fußball, sondern auch um manche gesellige Aktivitäten. Leider fusionierte er
2003 mit dem SV Wöllmisse. Im Jahr 2001 fanden sich Frauen im Landfrauenortsverein Großbockedra zusammen. Bemerkenswert, dass dieser Verein monatlich eine Veranstaltung anbietet, die traditionellen Do rffeste betreut und heute eng mit dem Bockerschen Heimatverein e.V. zusammenwirkt.
Seit 2002 bereichert der Bockersche Heimatverein e.V. mit seinen 44 Mitgliedern alle Bereiche des Dorflebens, in dem der Verein regelmäßig Heimatabende veranstaltet, die jährlichen Flurzüge mitorganisiert, Träger der traditionellen Dorffeste ist, sich um die Denkmäler, Sehenswürdigkeiten und den Rundwanderweg kümmert und in diesem Jahr das Festprogramm "750 Jahre Buckdra" gestaltet. seit seiner Gründung zogen die Veranstaltungen des Bockerschen Heimatvereins bisher etwa 2000 Teilnehmer an. Der Heimatverein erfährt durch die Gemeindeverwaltung und viele Spender eine wirksame Unterstützung, ohne die seine umfassende Arbeit nicht möglich wäre.
Ein Besuch in Großbockedra lohnt sich immer! Edgar Seim Bockerscher Heimatverein
|